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Stundungen: Zum Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers

25.04.2022

Wer als Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, darf die Vorsteuer in dem Voranmeldungszeitraum abziehen, in dem die Leistung ausgeführt worden ist. Genauer gesagt "muss“ die Vorsteuer sogar in dem Voranmeldungszeitraum abgezogen werden, eine spätere Geltendmachung ist nach deutschem Verständnis unzulässig. Voraussetzung ist selbstverständlich, dass eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt. Das Gesagte gilt selbst dann, wenn die Zahlung erst Monate nach der Leistungserbringung erfolgt, insbesondere im Falle von Stundungen. Auch hier, zum Beispiel bei der Stundung von Miete oder Pacht, bleibt es dabei, dass die Vorsteuer bereits bei Leistungserbringung abgezogen werden muss. Dabei ist es unerheblich, ob der Vermieter seinerseits Soll- oder Ist-Versteuerer ist. Doch die deutsche Haltung ist soeben vom Europäischen Gerichtshof verworfen worden. Im Einzelfall kann die Haltung des EuGH zwar vorteilhaft sein, doch es steht zu befürchten, dass sie langfristig eher negative Auswirkungen haben wird (EuGH-Urteil vom 10.2.2022, C-9/20).

Hier zunächst der Sachverhalt des Urteils: Eine Unternehmerin, die Klägerin, hatte Räumlichkeiten mit Ausweis von Umsatzsteuer angemietet. Sowohl der Mieterin als auch der Vermieterin war von der Finanzverwaltung gestattet worden, die Steuer nicht nach vereinbarten Entgelten, sondern nach den vereinnahmten Entgelten zu berechnen (Ist-Versteuerung). Mietzahlungen wurden der Klägerin teilweise gestundet, die Vorsteueransprüche machte sie immer erst geltend, wenn die Zahlung erfolgte. Diese Verfahrensweise wurde vom Finanzamt beanstandet und die Vorsteuer nunmehr bereits im Zeitraum der Ausführung des Umsatzes - monatsweise Mietüberlassung - berücksichtigt. Infolge zwischenzeitlich eingetretener Verjährung konnte die Vorsteuer in den Änderungsbescheiden für vergangene Jahre aber teilweise nicht mehr abgezogen werden. Hiergegen richtete sich die Klage.

Nach deutschem Recht entsteht der Vorsteueranspruch eines Leistungsempfängers bereits bei Ausführung der Leistung und nicht erst mit der Entrichtung des Entgelts. Unerheblich ist, ob der Leistende Soll- oder Ist-Versteuerer ist. Das heißt, der Leistungsempfänger zieht die Vorsteuer ab, obwohl er die Leistung noch nicht bezahlt hat, während der Leistende die entsprechende Steuer noch nicht schuldet. Doch diese Regelung widerspricht dem Unionsrecht. Beim Leistungsbezug von einem Ist-Versteuer darf der Leistungsempfänger die Vorsteuer erst bei Zahlung abziehen - so der EuGH. Für den Kläger im Streitfall ist diese Auffassung positiv, denn ihm dürfte der Vorsteuerabzug nun doch noch zustehen. Wie erwähnt wird die Entscheidung bei konsequenter Umsetzung in Deutschland aber nachteilig sein.

Praxistipp:
Leistungsempfänger können sich zunächst noch auf die deutsche Regelung berufen und den Vorsteuerabzug weiterhin frühzeitig geltend machen (Abschnitt 15.2 UStAE). Bis zu einer Stellungnahme der Finanzverwaltung sollten sie sich auch an die bisherige Rechtsauffassung halten. Das heißt: Sowohl bei einem Leistungsbezug von einem Soll-Versteuerer als auch bei Bezug von einem Ist-Versteuerer ist die Vorsteuer im Voranmeldungszeitraum des Leistungsbezugs geltend zu machen. In Sachverhalten wie denen des Streitfalls hingegen, bei denen die Vorsteuer noch nicht geltend gemacht wurde und der Verlust des Abzugs droht, sollten sich Betroffene auf die EuGH-Entscheidung berufen.

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